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Moored
Samstag, 06 Juli 2024 11:54

Final Countdown

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Am 30.6.2024 kamen wir im Restlicht der Nacht gegen 21:15 auf Ustica an. Der Hafenmeister Domenico nahm uns sehr freundlich in Empfang. Hier anzulegen war eine sehr gute Vorbereitung auf Griechenland, dann auch hier machen wir erstmals mit eigenem Buganker „römisch katholisch“, das heißt mit dem Heck zur Pier fest. Für Rolf, der unseren Anker führte, war es das erste mal so fest zu machen. Die Anspannung war zu spüren. Sabine und Ralph, als alte Griechenland Fans, hatten das des öfteren bereits praktiziert. Dennoch bleibt immer Spannung im Spiel. Schließlich wollen wir nich am Abreisetag feststellen, dass unser Anker in einem der Bojensteine im Hafen fest liegt und sich nicht mehr lösen will. Auch mussten wir vermeiden, beim Anlegen das neue Ruderblatt mit einem Stein an der Pier unter Wasser zu beschädigen. So fahren wir erstmal vorwärts an die Pier und schauen ins Wasser. Domenico hingegen erklärt uns lautstark, dass wir so nich angelen können … wollen wir ja auch gar nicht. Das war aber im Deutsch-Italienisch-Spanisch kauderwelsch nicht zu transportieren. Nachdem alle clean erschien, fahren wir von der Pier weg und drehen im Hafen. Domenico schien beruhigt.

Danach ging alles nach Plan: Anker fällt, die Heckleinen übernimmt Domenico und per Passarella geht’s dann an Land.

Nachdem die BELUGA sicher an der Pier lag hatten wir 180NM im Kielwasser und eine weitere Nacht auf unserem ohnhin belasteten Schlafkonto. So beschlossen wir auf Ustica 2 Nächte zu bleiben, um mal wieder eine Mütze Schlaf im eigenen Bett zu geniessen. Hat echt gut getan. Am nächsten Morgen stellen wir fest, dass wir den sehr kleinen Hafen mit vielen Tauchbooten teilen. Neben und lagen 6 grosse Tauchboote, die sich gegen 09:00 mit vielen Tauchern an der Küste Usticas verteilten. Eine sehr kommunikative und nette Kulisse. Einige Taucher waren deutsch, österreichisch oder aus der Schweiz. Die Tauchguides sind durchweg mehrsprachig, auch Deutsch geht hervorragend. Nach unserer ausgedehnten Zeit in Spanien ist das en ganz neues Erlebnis. Ralph spricht mit den Italienenern noch immer spanisch, da sich sein italienisch auf „Bitte“ und „Danke“ begrenzt. Das scheint aber sehr gut zu funktionieren.

Am Nachmittag unternehmen wir 3 einen Erkundungsgang ins Örtchen. Nachdem wir unzählige Treppen des steilen Hanges aufgestiegen sind, treffen wir auf eine ursprüngliche Dorfkulisse. Kleine Läden, Kaffees, Eisdielen und Minimärkte. Wir geniessen den Augenblick bei Cola, Kaffee und Bierchen. Am frühen Nachmittag hängt Ralph ordentlich durch. Er ist totmüde und geht für eine Siesta an Bord. Sabine und Rolf schlendern durch Ustica und entdecken viele Details, wie Du in Auszügen auf den Fotos erkennen kannst. Bleibt anzumerken, dass sich unser Eindruck aus Sardinien sehr verfestigt: Italien scheint ein teures Pflaster zu sein … zumindest im Vergleich zu Spanien. Essen, Trinken und Lebensmittel scheinen hier mindestens 50% teurer als in Spanien. Wir geniessen den Aufenthalt auf Ustica dennoch sehr.

Unser Plan war, am Dienstag, dem 2.7.2024 auszulaufen, um die Strecke von „lächerlichen“ 120NM bis Palmi oder Bagnara ans italienische Festland überzusetzen. Das nimmt „nur“ eine Nacht ein. Wie Du hier lesen kannst, ist bei uns an Bord eine inflationärer Umgang mit wachen Nächten im Gange. Andererseits fallen Nächte zu Dritt sehr viel leichter als zu Zweit und derzeit sind wir noch zu Dritt.

Also, Anker auf und los geht’s. Wind scheint uns zunächst sehr gewilt zu sein und bringt uns schnell in Richtung Osten. Wider Erwarten, da das thyrenische Meer eher als ausgedehnte Flautenzone bekannt ist. Andererseits ist das Wasser hier sehr flach. Bei raumem Wind und flachem Wasser scheint sich unsere BELUGA sehr wohl zu fühlen. Die BELUGA rennt mit 7-8kn Richtung Osten. Unser Triplog zeigt uns auch eine Spitzengeschwindigkeit von über 10Kn. Leider nur sehr kurz. Aufgrund des flotten Tempos sind wir am nächsten Morgen – so gegen 02:00 – südlich der Insel Vulcano, eine der liparischen Inseln. Bereits bei Sonnenunetrgng konnten wir die liparischen Inseln bereits erkennen. Die nördlichste Insel Stromboli nahmen wir im Morgengrauen wahr. Mit Blick auf unsere Position, die See, den Wind, den Wetterbericht und vielem mehr, beschließen wir, den Stop am Italienischen Festland zu canceln und direkt in die Straße von Messina einzubiegen.


In der Straße von Messina herrschen recht starke Strömungen und Verwirbelungen vor. Daher ist es wichtig, den richtigen Zeitpunkt zu erwischen. In unserem Fall sollte die Wassermenge nach Süden strömen. Das ist ab „Hochwasser Messina“ (Hochwasser=höchster Wasserstand) der Fall. Obwohl der Wasserstand hier nur um +/- 20cm schwankt (also 40cm Tide) herrschen in der Straße vom Messina sehr strake Strömungen vor. Das wussten wohl auch die alten Griechen. Spätestens seit Odysseus, der diese Meerenge mit Skylla und Charybdis beschreibt.

 

In Homers Odyssee haust das Ungeheuer Skylla auf dem größeren von zwei sich gegenüberstehenden Felsen der Meerenge und Charybdis unterhalb des kleineren Felsens, auf dem ein großer Feigenbaum steht. Charybdis saugt dreimal am Tag das Meerwasser ein, um es danach brüllend wieder auszustoßen. Schiffe, die in den Sog geraten, sind verloren, nicht einmal der Meeresgott Poseidon vermag diese Schiffe zu retten.

 

Skylla existiert als Ort am italienischen Festland. Der Feigenbaum scheint im Laufe der Jahrhunderte zwischenzeitlich durch Strommasten ersetzt, wie ihr den Bildern entnehmen könnt. Aus Sicherheitsgründen muss die Maschine jedoch ständig mitlaufen. Da wir aufgrund der nächtlichen Flaute ohnehin die Maschine bei der Einfahrt an hatten, bleibt sie eben an. Mit 7kn bis über 8kn fliegt die BELUGA durch die Straße von Messina nach Süden. Wir freuen uns am südlichen Ende den angesagten Westwind mit passender Stärke zu erleben. Beste Voraussetzungen ! Nach wenigen Meilen soll eine kurze Flautenzone folgen, die dann in der vorherrschenden Windrichtung aus N beendet wird. Nach wenigen Meilen erleben wir die Flautenzone von einem Meter auf den nächsten. Von 15Kn Wind auf 2kn Wind binnen weniger Meter. Für Sabine und Ralph kommt Bodensee Feeling auf. Das kennen wir am See sehr gut. Also Maschine an und los geht’s.

Leider sollte sich der Wetterbericht erstmalig so gar nicht erfüllen. Wir hatten flaue Winde bis 50NM vor Zakynthos. Statt aus Nord kan der Wind aus West. Mal von links hinten, dann von rechts hinten. Mit Geschwindigkeiten von 3-7kn. Also: Für die BELUGA nicht segelbar. Auf ungefähr der halben Distanz zwischen der Stiefelspitze und dem Ziel Zakynthos erleben wir dann Platzregen, Blitz und Donner. Ein deftiges Gewitter. Wie der alte Spruch sagt „Kommt erst der Wind und dann der Regen, kannst dich ruhig schlafen legen“. Der Wind kam zwar zuerst, aber in falscher Stärke und Richtung. So lassen wir die BELUGA unter Maschine durchs Gewitter fahren und verziehen uns nach innen, ins Trockene. Eine grossen Vorteil hatte dieser Regen: Unsere BELUGA wurde mit Süßwasser gewaschen und scheint weitgehend vom rotem Saharasand und -staub aus dem Formentera-Regen befreit.

Dank unserem Starlink Equipment nehmen wir Kontakt mit der Marina auf Zakynthos auf und fragen einen Liegeplatz an. Für mindestens 3 Nächte, da wir endlich ausschlafen möchten. Binnen weniger Minuten haben wir eine Zusage den angefragten Platz von Freitag bis Dienstag. Hier wird uns Rolf verlassen um seine letzten Tage im Arbeitsleben zu geniessen. Die Wahl fiel auf Zakynthos, da vom nahegelegenen Airport sogar ein Direktflug bis Hamburg möglich ist.

Unser Bordcomputer sagt uns zwischenzeitlich eine ETA (estimated time of arrival) 04:00 auf Zakynthos an. Wir vergewissern uns bei der Marina, dass wir auch um diese Zeit einlaufen können und dürfen. Die Marina rät uns jedoch die Ankerbucht vor dem Hafen zu nutzen, da sie voll belegt seien. Kurz nach 04:00 fällt unser Anker in der Bucht von Zakynthos.

 

Triplog unserer Überfahrt von Ustica nach ZakynthosGegen 12:00 verlegen wir dann in die Marina. War leider das nochmals eine weitere kurze Nacht, aber WIR SIND AM ZIEL ! GRIECHENLAND !

Losgefahren nach Griechenland sind wir von Gibraltar (Alcaidessa) am 10.6.2024.

Auf den insgesamt 1426NM stppten wir auf Mallorca, Sardinien, Ustica. 3 Stops für knapp 1500NM - wir sind stolz auf uns !

Die letzte Etappe dauerte, wie Du nebenstehendem Tracklog entnehmen kannst knapp 65 Stunden und umfasste 415NM. Diese haben wir mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 6,4kn durchfahren. Das Spitzentempo der BELUGA war bei 10,2kn ! Auch die BELUGA kann stolz auf sich sein !

!

 

Bleibt uns gewogen ..

Sabine & Ralph









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